Höhere Ausbildungsvergütungen als Ausweg aus dem Fachkräftemangel in Gastronomie und Hotellerie?
Die Hans-Böckler-Stiftung hat kürzlich eine Analyse tariflicher Ausbildungsvergütungen für Azubis veröffentlicht, die für Aufmerksamkeit sorgt: In vielen Branchen liegt die monatliche Vergütung bei über 1.000 Euro. Verantwortlich für diese Entwicklung ist nicht zuletzt der massive Fachkräftemangel, der Unternehmen unter Zugzwang setzt. Auch in der Gastronomie und Hotellerie ist die Ausbildungsoffensive in vollem Gange. Doch stellt sich die Frage: Lassen sich durch höhere Ausbildungsvergütungen mehr junge Menschen für die Branche begeistern. Und überwindet damit langfristig die Gastronomie personelle Engpässe?
Wettbewerb um Azubis: Warum sich Vergütungen angleichen
Lange Zeit galt die Ausbildung in Gastronomie und Hotellerie als „nicht konkurrenzfähig“, wenn es um die Bezahlung ging. Während Industrie und öffentlicher Dienst mit attraktiven Einstiegsgehältern und Zusatzleistungen warben, mussten Hotelfachleute und angehende Köchinnen mit rund 600 bis 800 Euro im ersten Ausbildungsjahr auskommen. Die Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit war groß. Sie führten zu hohen Vakanzen der Ausbildungsplätze. Inzwischen reagieren immer mehr Unternehmen auf diesen Missstand, indem sie deutlich bessere Ausbildungsvergütungen zahlen. Gleichzeitig investieren sie zusätzlich in Ausbildungsqualität, Work-Life-Balance und Karriereperspektiven.
Dass sich Ausbildungsvergütungen der 1.000-Euro-Marke nähern oder diese übersteigen, ist ein deutliches Signal: Wer im Wettbewerb um Nachwuchskräfte bestehen will, muss ideelle Werte vermitteln und finanzielle Anreize schaffen. Gerade für junge Menschen aus einkommensschwachen Haushalten ist die Vergütung oft ausschlaggebend bei der Berufswahl. Ein gastronomischer Betrieb, der 1.050 Euro brutto im Monat zahlt, liegt auf Augenhöhe mit kaufmännischen Ausbildungsberufen im Einzelhandel oder der Logistik.
Fachkräftemangel als Treiber der Ausbildungsreform
Der Fachkräftemangel hat sich in den letzten Jahren zum größten Hemmschuh für Wachstum und Qualität in der Gastronomie und Hotellerie entwickelt. Nach Zahlen des DEHOGA waren im Jahr 2024 bundesweit rund 34.000 Stellen im Gastgewerbe unbesetzt. Besonders dramatisch ist die Situation in ländlichen Regionen und touristischen Hotspots. Hinzu kommt: Viele Betriebe kämpfen mit dem altersbedingten Ausscheiden erfahrener Fachkräfte, ohne dass ausreichend Nachwuchs in Sicht ist. Umso wichtiger ist es, die Ausbildungsberufe attraktiv zu machen.
Höhere Ausbildungsvergütungen spielen eine Schlüsselrolle. Sie signalisieren Wertschätzung, schaffen finanzielle Unabhängigkeit und reduzieren den Druck auf Azubis, nebenbei jobben zu müssen. Wer sich auf seine Ausbildung konzentriert, bringt bessere Leistungen und bleibt dem Betrieb eher treu. Gleichzeitig wirken faire Vergütungen dem Image entgegen, in der Gastronomie werde „ausgenutzt“ oder „schlecht bezahlt“.
Gastronomie: Gezielte Investitionen in Ausbildung lohnen sich
Für gastronomische Betriebe bedeutet eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen zwar zunächst eine zusätzliche finanzielle Belastung. Doch auf lange Sicht überwiegen die Vorteile. Jeder unbesetzte Ausbildungsplatz durch eingeschränkte Öffnungszeiten, Serviceeinbußen und unzufriedene Gäste kostet Geld. Wer dagegen in den eigenen Nachwuchs investiert, bindet Mitarbeitende frühzeitig, vermittelt Werte und baut eine stabile Personalstruktur auf.
Ein wachsender Trend ist die Einführung betrieblicher Benefits, die über das Gehalt hinausgehen: kostenfreies Essen, Fahrtkostenzuschüsse, digitale Lernplattformen oder zusätzliche Urlaubstage. Azubis, die sich ernst genommen fühlen, zeigen überdurchschnittlich hohe Loyalität und wechseln seltener den Betrieb. In einer Branche, in der Personalbindung entscheidend für den Erfolg ist, wird die Ausbildung zum strategischen Faktor.
Zudem ermöglichen neue Ausbildungsmodelle wie die duale Ausbildung plus Zusatzqualifikation (etwa zum Barista, Sommelière oder Eventmanager) eine differenzierte Talentförderung. Wer gute Azubis gewinnt und fördert, bildet sich zukünftige Fachkräfte heran, die potenziellen Führungskräfte.
Hotellerie: Wettbewerbsvorteile durch attraktive Ausbildung schaffen
In der Hotellerie ist der Fachkräftemangel in vielen Abteilungen spürbar – ob Housekeeping, Rezeption oder Küche. Umso mehr kommt es darauf an, junge Menschen frühzeitig für die Branche zu begeistern. Höhere Ausbildungsvergütungen schaffen einen ersten Anreiz. Entscheidend ist das Gesamtpaket: Ausbildungsqualität, Arbeitsklima, Übernahmeperspektiven und interne Weiterbildungsmöglichkeiten.
Einige Hotelgruppen gehen mit gutem Beispiel voran: Sie zahlen überdurchschnittlich hohe Ausbildungsvergütungen, setzen auf Azubi-Hotels, Talentprogramme und strukturierte Feedbackprozesse. In Verbindung mit einem professionellen Ausbildungsmarketing wie über soziale Medien, Schulkooperationen oder Karrieremessen, gelingt es ihnen, ihre Ausbildungsplätze jedes Jahr zu besetzen. Vor allem international orientierte Häuser, die auf Vielfalt, moderne Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeit setzen, punkten bei der Generation Z.
Lohnen sich höhere Ausbildungsvergütungen?
Die zentrale Frage lautet: Rechnen sich bessere Ausbildungsvergütungen für die Betriebe? Die Antwort lautet: Ja, sofern sie Teil eines umfassenden Konzepts sind. Höhere Löhne allein reichen nicht aus, wenn die Ausbildung inhaltlich und organisatorisch nicht überzeugt. Wer auf Qualität setzt, Ausbilder schult, Berufsschule und Betrieb gut verzahnt und gleichzeitig attraktive Rahmenbedingungen schafft, wird langfristig profitieren.
Statistisch zeigt sich, dass Betriebe mit engagierter Ausbildung seltener unter akutem Fachkräftemangel leiden. Azubis, die ihren Beruf als sinnvoll, fair entlohnt und zukunftssicher empfinden, entscheiden sich häufiger für eine langfristige Karriere im Unternehmen – statt nach der Lehre in eine andere Branche abzuwandern. So wird aus einem kurzfristigen Kostenfaktor eine nachhaltige Investition.
Ausbildungsvergütungen als Schlüssel zur Nachwuchssicherung
Die Analyse der Hans-Böckler-Stiftung macht deutlich: In vielen Branchen wurden die Ausbildungsvergütungen deutlich erhöht. Auch als Antwort auf den wachsenden Fachkräftemangel. Für Gastronomie und Hotellerie eröffnet sich damit die Chance, wieder konkurrenzfähiger zu werden. Wer bereit ist, Azubis ernst zu nehmen, sie angemessen zu bezahlen und ihnen Perspektiven zu bieten, stärkt das eigene Unternehmen und die gesamte Branche.
Die nächsten Jahre werden zeigen, ob sich dieser Weg als nachhaltige Lösung erweist. Klar ist: Die Zeiten, in denen Ausbildung als „billige Arbeitskraft“ gesehen wurde, sind vorbei. Die Zukunft gehört Betrieben, die auf Augenhöhe ausbilden und ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen.
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