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Entgeltgleichheit: Wieso verdienen Frauen weniger?

Entgeltgleichheit: Wieso verdienen Frauen weniger?Entgeltgleichheit: Wieso verdienen Frauen weniger?

Engeltgleichheit: So steht es um die Lohngleichheit in Deutschland

Engeltgleichheit geht vom Prinzip aus, dass Frauen und Männer für gleichwertige Arbeit denselben Lohn erhalten. Diese Forderung, die auf Gleichbehandlung und soziale Gerechtigkeit zielt, ist seit Jahrzehnten im Mittelpunkt der gesellschaftlichen und politischen Diskussion. In Deutschland und vielen anderen Ländern bestehen gesetzliche Regelungen und Initiativen, um die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern zur Lohngleichheit schließen. Dennoch bleibt der Gender Pay Gap – der durchschnittliche Unterschied im Bruttoverdienst von Frauen und Männern – weiterhin bestehen. Laut Statistischem Bundesamt lag der unbereinigte Gender Pay Gap in Deutschland im Jahr 2023 bei 18 Prozent, während der bereinigte Gender Pay Gap, der Unterschiede in Qualifikation und Berufserfahrung berücksichtigt, bei 6 Prozent lag. Im EU-Vergleich bleibt Deutschland damit über dem Durchschnitt von 13 Prozent.

Historische und rechtliche Grundlagen der Entgeltgleichheit

Die Wurzeln der Forderung nach gleicher Bezahlung gehen zurück auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, die festlegt, dass jeder Mensch das Recht auf gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit hat. In der Europäischen Union wurde das Diskriminierungsverbot in Artikel 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankert. In Deutschland ist die Gleichberechtigung der Geschlechter in Artikel 3 des Grundgesetzes verankert: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“

Ein Meilenstein für mehr Transparenz und Gleichheit am Arbeitsplatz war das Entgelttransparenzgesetz von 2017. Dieses Gesetz gibt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten das Recht, die Gehälter vergleichbarer Positionen des anderen Geschlechts zu erfahren. Dennoch nutzt nur ein kleiner Prozentsatz der Berechtigten, rund 4 Prozent, dieses Auskunftsrecht. Diese geringe Nachfrage lässt darauf schließen, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entweder wenig Vertrauen in die Wirksamkeit des Gesetzes haben oder dass die Hürden für das Einholen von Informationen zu hoch sind.

Regionale Unterschiede und aktuelle Zahlen zur Entgeltungleichheit

In Deutschland bestehen deutliche regionale Unterschiede in der Entgeltungleichheit. In den neuen Bundesländern liegt der unbereinigte Gender Pay Gap bei rund 6 Prozent, während er in den alten Bundesländern knapp 20 Prozent erreicht. Ein Grund für diese Unterschiede ist die höhere Vollzeiterwerbstätigkeit von Frauen in den neuen Bundesländern.

Ursachen der Entgeltungleichheit

Der Gender Pay Gap ist auf verschiedene strukturelle und gesellschaftliche Ursachen zurückzuführen:

Berufswahl und Branchenunterschiede: Männer und Frauen entscheiden sich für unterschiedliche Berufsfelder. Während Männer häufiger in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen tätig sind, arbeiten Frauen vermehrt in sozialen und pflegerischen Bereichen, die im Durchschnitt schlechter vergütet werden. Einer Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zufolge arbeiten 70 Prozent der Frauen in Berufen, deren durchschnittlicher Monatslohn unter 3.000 Euro liegt.

Teilzeitarbeit: Frauen arbeiten wesentlich häufiger in Teilzeit als Männer (47 Prozent der Frauen gegenüber 11 Prozent der Männer), was oft auf familiäre Verpflichtungen zurückzuführen ist. Eine Umfrage des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2023 zeigte, dass die Teilzeitarbeit vieler Frauen eine Folge mangelnder Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder fehlender Flexibilität seitens der Arbeitgeber ist.

Karriereunterbrechungen: Frauen unterbrechen ihre Berufslaufbahn häufiger für die Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen. Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums haben rund 60 Prozent der Frauen ihre Karriere unterbrochen, während dieser Anteil bei Männern 10 Prozent beträgt. Solche Unterbrechungen führen zu Einkommenseinbußen und mindern langfristig die Karriereaussichten.

Direkte Diskriminierung: Selbst bei vergleichbaren Qualifikationen und Positionen bestehen Lohnunterschiede. Eine Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigte, dass Frauen in tarifgebundenen Berufen bis zu 4 Prozent weniger als Männer verdienen.

Maßnahmen zur Förderung der Entgeltgleichheit

Ansätze zur Förderung der Entgeltgleichheit:

Gesetzliche Vorgaben: Die Europäische Union plant seit 2023 eine verstärkte Durchsetzung der Entgelttransparenz durch eine „Pay Transparency Directive“. Diese Richtlinie verpflichtet Unternehmen, ihre Gehaltsstrukturen offenzulegen und regelmäßige Berichte über den Gender Pay Gap zu veröffentlichen. In Deutschland ist die Umsetzung bis 2026 vorgesehen.

Unternehmensinterne Maßnahmen: Immer mehr Unternehmen schaffen transparente Gehaltsstrukturen und gerechte Einstufungssysteme, um geschlechtsbedingte Gehaltsunterschiede zu vermeiden. Die Deutsche Telekom hat solche Maßnahmen erfolgreich umgesetzt und berichtet über eine Verbesserung des Betriebsklimas und der Mitarbeiterzufriedenheit.

Flexibilisierung der Arbeitsmodelle: Flexible Arbeitszeitmodelle, Homeoffice und Jobsharing tragen bei, dass Frauen ihre Karriere mit familiären Verpflichtungen besser in Einklang bringen können. Eine Umfrage des Wirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2022 ergab, dass 60 Prozent der deutschen Unternehmen planen, bis 2025 flexiblere Arbeitsmodelle anzubieten.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorteile der Entgeltgleichheit

Die Vorteile einer fairen Bezahlung wirken sich positiv auf die gesamte Gesellschaft und Wirtschaft aus:

Erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit: Studien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) haben gezeigt, dass Entgeltgleichheit die Mitarbeiterbindung um bis zu 30 Prozent erhöht. Dies stärkt das Vertrauen der Beschäftigten und das Ansehen des Unternehmens.

Wirtschaftliche Impulse: Eine Studie der OECD schätzt, dass die Schließung des Gender Pay Gaps das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um bis zu 2 Prozent erhöht, was etwa 60 Milliarden Euro entspräche, basierend auf der gestiegenen Kaufkraft und dem erhöhten wirtschaftlichen Potenzial der Beschäftigten.

Herausforderungen und Ausblick Richtung Lohngleichheit

Die vollständige Umsetzung der Entgeltgleichheit bleibt eine Herausforderung, insbesondere bei der Bewertung „gleichwertiger“ Tätigkeiten. Unbewusste Vorurteile (sogenannte „Bias“) führen nach wie vor zu Gehaltsdiskriminierung. Deshalb investieren viele Unternehmen zunehmend in Schulungen, um solche Vorurteile abzubauen. Auch das Entgelttransparenzgesetz hat bisher nur eine begrenzte Wirkung gezeigt, da viele Beschäftigte ihre Rechte aus Unsicherheit oder Misstrauen nicht einfordern.

Wie Deutschland den Gender Pay Gap schließen will

Mit der geplanten EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz und den zunehmenden Bemühungen vieler Unternehmen, gerechte Gehaltsstrukturen zu schaffen, ist zu erwarten, dass der Gender Pay Gap langfristig verringert wird. Einige Experten prognostizieren, dass bei konsequenter Umsetzung der EU-Richtlinie bis 2030 eine weitgehende Angleichung der Gehälter erreicht wird.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend informiert über das  Entgelttransparenzgesetz