Regionaler Einkauf vs. Großhändler: Kostendruck bei frischen Lebensmitteln in der Gastronomie
Die Gastronomie steht vor der Herausforderung, frische Lebensmittel wirtschaftlich zu beziehen, ohne Qualität und Nachhaltigkeit aus den Augen zu verlieren. Doch der regionale Einkauf, teurer als der Einkauf bei Großhändlern, bringt Gastronomen in ein Dilemma: Welche Lösung bevorzugen die Gäste, und sind sie bereit, für Nachhaltigkeit und Regionalität tiefer in die Tasche zu greifen?
Der Reiz des Regionalen: Qualität und Nachhaltigkeit im Fokus
Regionale Lebensmittel punkten durch Frische, Qualität und Umweltfreundlichkeit. Laut dem Bericht des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) „Nachhaltiger Konsum – Regional einkaufen: Schauen Sie, was möglich ist“ schätzen 73 % der Verbraucher regionale Produkte, weil sie kurze Transportwege haben und somit einen geringeren CO₂-Fußabdruck hinterlassen. Zudem fördern regionale Einkäufe die heimische Landwirtschaft, was von rund 65 % der Verbraucher als wichtig eingestuft wird.
Ein Beispiel: Regional bezogene Äpfel haben eine durchschnittliche Transportdistanz von unter 50 Kilometern, während importierte Äpfel aus Neuseeland über 18.000 Kilometer zurücklegen. Der CO₂-Ausstoß pro Kilogramm importierter Äpfel beträgt 0,3 Kilogramm, während regional geerntete Äpfel ca. 0,05 Kilogramm CO₂ verursachen. Dieser Unterschied wird von vielen Gästen als Argument für den regionalen Einkauf wahrgenommen.
Der Kostenfaktor: Regionaler Einkauf deutlich teurer
Der größte Nachteil des regionalen Einkaufs sind die Kosten. Regional produzierte Lebensmittel kosten 20-50 % mehr als Massenware von Großhändlern. Dies hat mehrere Gründe, darunter höhere Produktionskosten, geringere Skaleneffekte und eine kleinere Auswahl.
Ein praktisches Beispiel:
- Tomaten: Großhändlerpreis für konventionelle Tomaten: ca. 1,50 €/kg; Regional erzeugte Bio-Tomaten: 3,50-4,00 €/kg.
- Kartoffeln: Importierte Kartoffeln kosten etwa 0,40 €/kg, während regional erzeugte Kartoffeln in Bio-Qualität ca. 1,20 €/kg kosten.
Diese höheren Einkaufspreise schlagen sich direkt auf die Kalkulation nieder. Für ein durchschnittliches Gericht, das regionale Zutaten verwendet, entstehen schnell Mehrkosten von 1-2 Euro, die oft nicht vollständig an die Gäste weitergegeben werden können. Dies ist für preisbewusste Betriebe wie Bistros oder Systemgastronomie-Betriebe mit tiefen Bruttomargen ein Problem.
Was ziehen die Gäste vor?
Die Präferenzen der Gäste sind vielschichtig, während das Interesse an regionalen und nachhaltigen Lebensmitteln stetig wächst. Laut einer Umfrage des BZfE sind 70 % der Gäste bereit, für nachhaltige Speisen – nur in überschaubarem Rahmen – mehr zu zahlen.
Eine Preissteigerung von 10-15 % wird von der Mehrheit akzeptiert. Die Zahlungsbereitschaft der Gäste nimmt bei höheren Abschlägen rapide ab. In der gehobenen Gastronomie, wo Menüpreise von 50-100 Euro keine Seltenheit sind, können regionale Produkte gezielt als Alleinstellungsmerkmal genutzt werden. Dort wird Nachhaltigkeit von bis zu 80 % der Gäste aktiv nachgefragt. In der Systemgastronomie oder bei Fast-Casual-Restaurants liegt diese Zahl bei rund 40 %.
Großhändler: Preisgünstig, zuverlässig, aber weniger nachhaltig
Großhändler bieten eine attraktive Alternative für Gastronomen, die kosteneffizient arbeiten müssen. Skaleneffekte ermöglichen Preise, die im Durchschnitt 30-50 % unter denen regionaler Produzenten liegen. Auch die breite Produktpalette, die unabhängig von Saison und Region verfügbar ist, macht Großhändler für viele Betriebe unverzichtbar.
Ein Beispiel: Ein Großhändler liefert ganzjährig Avocados aus Mexiko zu Preisen von 2 €/kg, während regionale Produzenten saisonabhängige Alternativen oft nicht in ausreichender Menge anbieten. Allerdings liegt der CO₂-Ausstoß bei importierten Lebensmitteln wie Avocados oder Mangos 10-20 Mal höher als bei regionalen Alternativen.
Regionalität als Marketingstrategie
Die Investition in regionale Produkte kann sich lohnen, wenn Gastronomen diese gezielt als Marketinginstrument nutzen. Laut einer Studie des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) bevorzugen 60 % der Gäste Betriebe, die ihre Zutaten regional beziehen und dies klar kommunizieren. Besonders erfolgreich sind Konzepte, die auf Transparenz setzen, wie die Zusammenarbeit mit bekannten lokalen Produzenten. Beispiele sind Restaurants, die die Herkunft ihrer Zutaten auf der Speisekarte angeben, wie „Rindfleisch vom Biohof Müller, 15 km entfernt.“
Regional vs. Großhandel – ein Balanceakt zwischen Kosten und Nachhaltigkeit
Die Entscheidung zwischen regionalem Einkauf und Großhändlern hängt von der individuellen Strategie eines Gastronomiebetriebs ab. Während regionale Produkte ökologisch sinnvoller und qualitativ oft hochwertiger sind, stellen sie Gastronomen vor finanzielle Herausforderungen.
Der Bericht des BZfE zeigt, dass der Erfolg regionaler Konzepte stark davon abhängt, wie sie in das Gesamtangebot integriert werden. Kreative Ansätze wie die Kombination regionaler Zutaten mit kostengünstigen Produkten von Großhändlern oder saisonale Menüs können eine Balance schaffen, die Gäste und Gastronomen zufriedenstellt.
Die Nachfrage nach nachhaltigen und regionalen Lebensmitteln wird weiter steigen. Wer diese Entwicklung frühzeitig in seine Strategie integriert, profitiert langfristig von der wachsenden Zahlungsbereitschaft seiner Gäste.