Freitag, Mai 16, 2025
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Gig Jobs in der Gastronomie: Kostenfalle für die Wirte?

Gig Jobs in der Gastronomie: Kostenfalle für die Wirte?Gig Jobs in der Gastronomie: Kostenfalle für die Wirte?

Die wahren Kosten der Flexibilität: Gig Jobs im Gastro-Test

Die Gastronomiebranche steht aufgrund fehlender Fachkräfte unter enormem Druck. Seit der Pandemie hat sich der Fachkräftemangel verschärft. Gleichzeitig verändern sich die Arbeitsmodelle. Immer mehr Menschen entscheiden sich für flexible Beschäftigungsformen und die Selbständigkeit. In diesem Zusammenhang gewinnen sogenannte Gig Jobs, bei denen Selbstständige kurzfristige Aufträge übernehmen, zunehmend an Bedeutung. Besonders in der Gastronomie setzen viele Betriebe auf Freelancer, um Engpässe und den Fachkräftemangel zu überbrücken. Doch wie gut funktioniert das in der Praxis und zu welchem Preis?

Lösen Gig Jobs den Fachkräftemangel in der Gastronomie?

Gig Jobs sind kurzfristige Aufträge für Selbständige. Sie versprechen schnelle Hilfe bei Personalengpässen. Plattformen wie Zenjob, Gigwork oder Staffery bringen Gastronomen mit Freelancern zusammen – ob im Service, in der Küche oder als Spülkraft. Diese neue Form der Selbständigkeit bringt Flexibilität für beide Seiten. Wer kurzfristig Personal sucht, bucht spontan. Flexible Arbeitskräfte suchen sich ihre Aufträge nach eigenen Vorlieben.

Allerdings ersetzen Gig Jobs keine festangestellten Fachkräfte. Die ständige Verfügbarkeit ist eine Illusion, vor allem in der Hochsaison. Viele Gastronomen berichten, dass es schwierig sei, spontan qualifiziertes Personal mit ausreichend Erfahrung zu finden. Das bedeutet: Gig Jobs helfen, Spitzenzeiten zu überbrücken. Diese lösen jedoch keineswegs die strukturellen Probleme des Fachkräftemangels. Insbesondere nicht, wenn es um gut ausgebildete Köche oder Servicemitarbeiter mit Berufserfahrung geht. Zudem fehlt es an Ausbildungsnachwuchs. Der Anteil junger Menschen, die sich für einen Gastronomieberuf entscheiden, geht zurück. Ein weiteres Argument, dass Gig Jobs keine langfristige Lösung ist.

Was kosten Freelancer pro Stunde?

Ein zentraler Aspekt ist die Kostenfrage. Was kostet es, Freelancer kurzfristig zu buchen – und wie stehen diese Kosten im Verhältnis zu Minijobs oder Teilzeitbeschäftigten? Nach aktuellen Branchendaten und Plattformangeboten ergeben sich für die Gastronomie folgende Durchschnittswerte: Eine freiberufliche Küchenhilfe kostet rund 18 bis 22 Euro pro Stunde, die Kosten für Servierpersonal bewegen sich im Bereich zwischen 20 und 25 Euro, während erfahrene Köche zwischen 28 und 40 Euro pro Stunde verlangen, abhängig von Qualifikation und Einsatzort.

Zum Vergleich: Ein angestellter Minijobber kostet dem Betrieb inklusive Lohnnebenkosten knapp 15 Euro pro Stunde. Teilzeitkräfte liegen tariflich bedingt bei 16 bis 20 Euro. Freelancer sind deutlich teurer. Im Gegenzug spart der Betrieb administrative Kosten wie Lohnabrechnung, Urlaubsanspruch oder Krankheitstage. Wer kurzfristig jemanden benötigt, zahlt den Preis für die Flexibilität.

Lohnen sich Freelancer für Gastronomen?

Ob sich Freelancer für die Gastronomie lohnen, hängt stark vom Einsatzbereich, der Verlässlichkeit und dem Qualitätsanspruch ab. Dank Flexibilität kann benötigtes Personal punktgenau gebucht und der Fachkräftemangel temporär überbrückt werden. Denn der Wirt geht keine langfristigen Verpflichtungen ein, vermeidet aufwendige Bürokratie, Kündigungsfristen und Sozialabgaben. Viele Betriebe nutzen die Plattformen, um Bewerber zu testen – ein Vorteil, der bei Festanstellungen nicht möglich ist.

Gig Jobs als Ergänzung – nicht als Ersatz von Fachkräften

Freelancer sind per Saldo teurer als konventionelle Mitarbeiter. Und dies bei stark schwankender Arbeitsqualität. Einige Freelancer sind Top-Profis, andere verfügen nur über Basiskenntnisse. Vor allem an Wochenenden oder in Ferienzeiten ist gutes Personal oft knapp. Neues Personal führt zu höherer Einarbeitungszeit. Es fehlt die Bindung zum Betrieb, was das Teamgefühl stört, insbesondere in der Küche, wo eingespielte Abläufe entscheidend sind. Viele Gastronomen berichten, dass Gig Workers häufig nach wenigen Stunden ausgetauscht werden müssen, weil der Einsatz nicht wie gewünscht verläuft.

Im Vergleich zu Minijobs oder Teilzeitstellen ist das Risiko höher. Dafür ist die Abwicklung schneller und unkomplizierter. Strategisch eingesetzt für Events, Caterings oder Personalengpässe kann sich das lohnen. Im Dauerbetrieb, bei dem Fachkräfte gesucht sind,  eher nicht.

Sind Freelancers mit Gig Jobs wirklich glücklich?

Ein Blick auf die Perspektive der Freelancer zeigt: Nicht jeder ist mit dem Modell glücklich. Anderseits schätzen viele ihre Unabhängigkeit und Selbständigkeit. Drei Erfahrungsberichte zeigen, wie unterschiedlich die Einschätzungen ausfallen:

Paul ist 26 Jahre alt und fährt als Essenskuriere für zwei Plattformen. Er genießt seine Selbständigkeit, also die Freiheit, seine Arbeitszeit selbst zu bestimmen. Aber er muss täglich rund zehn Stunden fahren, um auf rund 2.000 Euro Monatsumsatz zu kommen. Nach Abzügen bleiben ihm rund 1.500 Euro. Gerade genug zum Leben, aber keine Grundlage für seine Altersvorsorge oder Notlagen.

Merve ist 38 und arbeitet als freiberufliche Küchenhilfe. Sie war früher Minijobberin, heute ist sie über mehrere Agenturen als Freelancerin aktiv. Sie verdient im Schnitt 20 Euro pro Stunde, arbeitet 25 Stunden pro Woche und kommt auf rund 2.000 Euro monatlich. Das reicht für ihre Lebenshaltungskosten, und sie genießt es, flexibel zwischen den Einsätzen zu wechseln – solange genügend Aufträge da sind.

Jonas, 45, ist erfahrener Koch. Er hat sich nach der Pandemie für die Selbständigkeit entschieden. Mit rund 35 Euro pro Stunde und im optimalen Fall von etwa 120 Stunden Arbeit pro Monat kommt er auf ein Nettoeinkommen von rund 3.000 Euro. Das ist ordentlich, jedoch keineswegs risikolos. Die Auftragslage muss kontinuierlich gepflegt werden, er ist ständig mit Kundenakquise beschäftigt. Bei Urlaub oder Krankheit fällt kein Einkommen an.

Freelancer schätzen die Freiheit und Unabhängigkeit

Gig Jobs sind keineswegs sicher. Sie kombinieren jedoch die Freiheit mit der Unsicherheit eines gesicherten Einkommen. Denn die Einnahmen reichen für, um die minimalen Lebensbedürfnisse der Freelancer zu decken, vorausgesetzt, es sind ausreichend Buchungen vorhanden. Die emotionale Zufriedenheit hängt stark vom Umgang der Betriebe mit den Freelancern ab. Respekt, Wertschätzung und faire Kommunikation sind für beide Seiten entscheidend und beeinflussen die Performance des Freelancers.

Flexibel, teuer und unsicher: Gig Jobs als Lückenfüller in der Gastronomie

Gig Jobs in der Gastronomie haben ihre Daseinsberechtigung für kurzfristige Einsätze und als Chance für Selbstständige, flexibel zu arbeiten. Aber sie lösen den Fachkräftemangel nicht, kosten mehr als klassische Beschäftigungsformen und sind nicht immer verlässlich. Dennoch können sie ein wertvolles Instrument sein – vorausgesetzt, die Betriebe setzen sie strategisch und mit Augenmaß ein. Für Freelancer bleibt der Weg in die Selbständigkeit ein zweischneidiges Schwert: Freiheit gegen Unsicherheit, Flexibilität gegen fehlende Bindung. Gastronomie und Gig Jobs – eine Beziehung, die noch reifen muss.

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