Gastronomie bereichert die Passantenfrequenz in den Innenstädten
Seit 2014 führt die Industrie- und Handelskammer (IHK) alle zwei Jahre Zählungen der Passantenfrequenz durch, um langfristige Trends zur Attraktivität von Innenstädten zu erfassen. Diese Erhebungen zeigen auf, wie sich Städte im Hinblick auf den Besucherverkehr entwickeln. Besonders auffällig war der Rückgang in den Jahren 2020 und 2022, ausgelöst durch die COVID-19-Pandemie, den Ukraine-Krieg und die steigende Inflation. Diese Ereignisse hatten starke Auswirkungen auf das Konsumverhalten und die Frequenzen in den Stadtzentren. Interessanterweise zeigt sich, dass die Städte sich unterschiedlich gut von diesen Rückgängen erholen. Eine wichtige Erkenntnis daraus ist, dass der Handel zwar nach wie vor eine tragende Rolle für die Besucherzahlen spielt. Sie ist jedoch nicht mehr die alleinige treibende Kraft ist. Gastronomie, Dienstleistungen, Kultur und Freizeitangebote gewinnen zunehmend an Bedeutung und sorgen für mehr Vielfalt in den Innenstädten.
Die Bedeutung von Atmosphäre und Nutzungsmischung
Eine der zentralen Herausforderungen für Städte, insbesondere Innenstädte, liegt in der Schaffung einer attraktiven Mischung aus Handel, Gastronomie, Kultur und Freizeit. Diese vielfältige Nutzungsmischung trägt entscheidend zur Aufenthaltsqualität und zur Anziehungskraft bei. Gerade kleinere Städte punkten mit einer schnellen Erreichbarkeit und kurzen Wegen. Ein erfolgreiches Beispiel ist Bocholt, wo die Neustraße an Samstagen zwischen 11 und 12 Uhr mit über 1.900 Passanten die höchste Frequenz im Münsterland aufweist. Rheine und Coesfeld folgen mit 1.745 bzw. 1.353 Besuchern im selben Zeitraum.
Erfolgreiche Stadtentwicklung am Beispiel Vreden
Vreden, eine Mittelstadt mit weniger als 30.000 Einwohnern, zeigt eindrucksvoll, wie der gezielte Einsatz von Gastronomie zur Frequenzsteigerung führt. In der Wüllener Straße konnte die Zahl der Passanten durch die Ansiedlung von Gastronomiebetrieben deutlich gesteigert werden. An den Donnerstagen wurden im Schnitt 279 Passanten gezählt. An den Samstagen lag die Frequenz mit 252 Personen über dem langjährigen Durchschnitt. Dieser Erfolg ist nicht zuletzt dem konsequenten Leerstandsmanagement und dem Sofortprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen zur Stärkung der Innenstädte und der Gastronomie zu verdanken. Auch eine über die Landesgrenzen hinaus ausgerichtete Marketingstrategie, die auf niederländische Besucher abzielt, trug zur Steigerung der Besucherzahlen bei.
Herausforderungen und neue Perspektiven für Großstädte
In größeren Städten wie Gelsenkirchen zeigt sich ein komplexeres Bild. Hier kam es in den letzten Jahren zu einem merklichen Rückgang der Passantenfrequenzen. Auf der Bahnhofstraße wurden an den Zähltagen durchschnittlich 2.000 Besucher an Donnerstagen und rund 1.600 an Samstagen gezählt – ein Rückgang im Vergleich zu früheren Erhebungen. Ein wesentlicher Grund ist der Verlust von großen Einzelhändlern wie Saturn, Primark und Kaufhof, die bislang wichtige Frequenzbringer waren. Die Stadt steuert gegen diesen Trend, indem sie neue Entwicklungsmöglichkeiten für frei gewordene Flächen in der Innenstadt auslotet.
Auch in Bottrop zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Passantenfrequenz auf der Hansastraße ist seit 2014 um etwa 20 Prozent gesunken. Hier setzen Investitionen in die ehemalige Karstadt-Immobilie neue Impulse. Der Rückgang wird durch gezielte Stadtentwicklung und ein integriertes städtebauliches Konzept aufgefangen. Durch eine Kombination aus privatem Investment und öffentlichen Maßnahmen soll der öffentliche Raum verbessert werden und die Wohn- und Arbeitsbedingungen in der Innenstadt attraktiver gestaltet werden.
Bedeutung neuer Messmethoden und GPS-Daten
Um die Aussagekraft der Zählung der Passantenfrequenz zu erhöhen, hat die IHK seit 2023 Neuerungen eingeführt. Anstatt nur an einem Donnerstag und einem Samstag zu zählen, fließen Daten von 16 verschiedenen Zähltagen pro Standort ein. Darüber hinaus werden erstmals GPS-Bewegungsdaten genutzt, um die Bewegungen der Passanten im Tagesverlauf detailliert zu erfassen. Diese Methodik liefert wertvolle Erkenntnisse über die Auswirkungen flexiblerer Arbeitszeiten und Homeoffice auf das Besucherverhalten in den Innenstädten. Interessanterweise zeigt sich, dass der Samstag weiterhin der wichtigste Einkaufstag bleibt, während die Besuchszahlen an den Werktagen zunehmen.
Innenstädte im Wandel – Ansätze zur Steigerung der Passantenfrequenz
Die Innenstädte stehen vor einer grundlegenden Transformation, bei der eine attraktive Nutzungsmischung aus Handel, Gastronomie, Kultur und Freizeit eine wichtige Rolle spielt. Insbesondere Innenstädte punkten durch ihre Erreichbarkeit und ein vielfältiges Angebot, während größere Städte neue Wege finden müssen, um den Rückgang der Besucherzahlen zu kompensieren. Innovative Maßnahmen wie die Nutzung von GPS-Daten und ein integriertes Stadtentwicklungskonzept bieten wertvolle Lösungsansätze. Insgesamt zeigt sich, dass eine strategische und vorausschauende Planung entscheidend ist, um den Herausforderungen des demografischen und wirtschaftlichen Wandels zu begegnen.
Quelle: Studien der Passantenfrequenz durch die IHK Nord Westfalen