Die Speisekarten-Angst bei der Gen Z: Hype oder echtes Phänomen – Lösungsansätze der Gastronomie
Die „Menüangst“ – also Stress- und Unsicherheitsgefühle beim Blick in die Speisekarte und beim Bestellen – wurde Ende 2023 durch eine Umfrage der britischen Restaurantkette Prezzo international bekannt. Demnach gaben 86 Prozent der 18- bis 24-Jährigen – also die Vertreter der Gen Z – an, unter Menüangst (Speisekarten-Angst) gelitten zu haben. Die Schlagzeile ging um die Welt und wurde in Wirtschafts- und Branchenmedien vielfach aufgegriffen. Ein erster Beleg, dass das Thema in der Gastronomie eine reale Relevanz besitzt.
Menüangst: Von UK nach DACH – wie sich die Wahrnehmung seit 2023 verändert hat
In Deutschland, Österreich und der Schweiz wurde das Thema rasch rezipiert. Deutschsprachige Medien und Fachportale erklärten das Phänomen Speisekarten-Angst, teils mit konkreten Gründen wie Preisstress, Reueangst oder der Überforderung durch zu viele Optionen auf der Speisekarte. Damit wanderte die Diskussion von einem britischen Impuls in den DACH-Diskurs. Nicht als wissenschaftlich etablierte Diagnose, jedoch als spürbarer Trend im Servicealltag.
Parallel dazu zeigen Konsumentenbefragungen und Interviews ein ähnliches Muster: Jüngere Menschen berichten häufiger von Überforderung rund um Ernährung, Preisniveau und „richtiges“ Bestellverhalten. Dies bestätigt, dass die Gen Z sensibler auf Entscheidungs- und Kostendruck reagiert als ältere Generationen.
2024–2025: Vom Buzzword zur Service-Aufgabe
Zwischen 2024 und 2025 hat sich die Debatte erkennbar professionalisiert. Branchenportale und Anbieter ordnen „Menüangst“ als Serviceproblem ein, nicht als Spott über die Gen Z. Es entstehen konkrete Produkt- und Prozesslösungen. Etwa in Form digitaler Empfehlungen und kuratierter Vorschläge in Gastro-Apps, welche die Auswahl reduzieren und Orientierung geben. Damit verschiebt sich der Fokus: Nicht die Gäste „haben ein Problem“, sondern die Speisekarte und der Bestellprozess dürfen smarter, klarer und empathischer werden.
Auch internationale Studien zeigen, dass jüngere Gäste Bestellsituationen häufiger als stressig empfinden, vor allem wenn sie ungeübt in persönlichen Interaktionen sind oder die Speisekarte extrem umfangreich ist. Für den DACH-Raum gibt es zwar keine einheitliche Längsschnittstudie, doch die Beobachtungen in der Praxis bestätigen die Relevanz.
Warum trifft die Menüangst besonders die Gen Z?
Drei Treiber stechen hervor. Erstens: Die Kosten- und Preistransparenz. In Zeiten höherer Restaurantpreise wächst die Sorge, „falsch“ zu bestellen oder das Budget zu sprengen. Zweitens: Das Choice Overload – zu viele Optionen auf der Speisekarte erzeugen Entscheidungsmüdigkeit. Drittens: Kommunikative Hemmungen nach Jahren intensiver Digitalnutzung. Der direkte Dialog mit Servicekräften fühlt sich ungeübten Gästen schwerer an, was die Hemmschwelle beim Bestellen erhöht.
Was bedeutet das für die Gastronomie in DACH – sofort umsetzbare Lösungen
Kuratierte Einstiegspfade statt XXL-Speisekarte. Strukturierte Speisekarten mit klaren Kategorien („schnell & leicht“, „hausgemachte Klassiker“, „vegetarisch/vegan“) verringern den kognitiven Aufwand. Ein „Top 5 der meistbestellten Gerichte“-Block reduziert den Wahlstress messbar.
Transparente Orientierung bei Preis und Portionsgröße. Preisangaben mit klaren Hinweisen auf Portionen und Extras senken die Reueangst. Menü-Bundles („Bowl + Getränk“) schaffen einen sicheren Entscheidungsrahmen.
Digitale Voransicht. Die Gen Z informiert sich gern vorab; wer online eine übersichtliche Speisekarte mit Favoriten, Allergen-Filtern und „Beliebt gerade“-Hinweisen bietet, nimmt Stress aus dem Restaurantbesuch.
Niedrigschwellige Kommunikation trainieren. Servicekräfte können mit kurzen Empfehlungen aktiv Wahlhilfe anbieten, ohne bevormundend zu wirken. Kleine Fragen wie „Preisrahmen?“ oder „Eher würzig oder mild?“ erleichtern der Gen Z den Einstieg.
Visuelle Entscheidungshilfen. Bilder, kurze Beschreibungen und klare Icons (veggie, spicy, glutenfrei) ersetzen Unsicherheit durch Orientierung.
Soziale Sicherheit am Tisch. Viele Gäste der Gen Z überlassen das Bestellen anderen. Aus Unsicherheit in Form der Speisekarten-Angst. Sharing-Konzepte oder Probierportionen nehmen den Druck, sofort die perfekte Wahl zu treffen.
2023–2025: Kein Modewort – eine Chance für bessere Gästeführung
Von der UK-Umfrage 2023 bis heute hat sich die „Menüangst“ in DACH von einer Social-Media-Schlagzeile zu einem ernst genommenen Service-Thema entwickelt. Harte Längsschnittzahlen fehlen zwar, doch die Summe aus Beobachtungen, Umfragen und Gastronomie-Praxis zeigt: Gen Z-Gäste wünschen sich Klarheit, Preis- und Portionssicherheit, kuratierte Auswahl und empathische Kommunikation.
Wer seine Speisekarte strukturiert, digital sichtbar macht und den Bestellprozess aktiv moderiert, senkt den Stress und erhöht Zufriedenheit sowie Wiederkehr. Die Menüangst ist real genug, um ernst genommen zu werden, und lösbar genug, um als Wettbewerbsvorteil zu dienen. Für die Gastronomie in DACH liegt darin eine echte Chance, junge Gäste mit smarter Menüführung und freundlichem Service zu begeistern.