Deutschland isst gesünder: Wie Gastronomie und Politik gemeinsam unser Essverhalten verändern
In den letzten Jahren zeichnet sich in Deutschland ein deutlich erkennbarer Ernährungstrend ab: Immer mehr Menschen wollen gesund essen, bewusst einkaufen und sich für eine nachhaltige Lebensweise entscheiden. Eine zentrale Rolle spielt das eigene Konsumverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie das Angebot in der Gastronomie, von der Kantine bis zum Spitzenrestaurant. Neue politische Rahmenbedingungen und Initiativen wie die Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sorgen auch im Außer-Haus-Markt für frischen Wind. Unter dem Motto „Deutschland isst gesünder“ zieht das BMEL eine Zwischenbilanz: Der Gehalt an Zucker, Fetten und Salz in verarbeiteten Lebensmitteln ist messbar gesunken.
Die politische Initiative: Reduktionsstrategie zeigt Wirkung
Seit dem Jahr 2019 verfolgt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit der Reduktionsstrategie ein ambitioniertes Ziel: Fertigprodukte wie Tiefkühlgerichte, Backwaren, Snacks oder Kinderlebensmittel sollen nach und nach gesünder werden, ohne dass Geschmack oder Qualität leiden. Die jüngste Zwischenbilanz, veröffentlicht im Juli 2024, belegt: Die Lebensmittelindustrie hat erste Erfolge erzielt. In Frühstückscerealien wurden rund 17 Prozent Zucker eingespart und in Erfrischungsgetränken 9 Prozent. Auch bei Wurstwaren, Brot oder Milchprodukten haben die Hersteller den Gehalt an Salz und gesättigten Fetten reduziert.
Das Ziel ist klar: Eine gesündere Ernährung soll im privaten Umfeld und beim Essen außer Haus möglich sein. Und hier kommt die Gastronomie ins Spiel. Rund ein Drittel aller Mahlzeiten wird laut Studien nicht zu Hause, sondern unterwegs eingenommen. Die Entwicklung hin zu gesünderem Essen beeinflusst Küchenchefs, Betriebsrestaurants, Caterer und die Systemgastronomie.
Gesund essen außer Haus: Gastronomie unter Zugzwang
Die Gastronomie steht in diesem Wandel vor einer doppelten Herausforderung. Einerseits steigen die Erwartungen der Gäste, die verstärkt Wert auf gesunde, nährstoffreiche und ausgewogene Mahlzeiten legen. Andererseits fordern politische Vorgaben und gesellschaftliche Bewegungen ein Umdenken bei Rezepturen, Portionsgrößen und Zubereitungsmethoden. Die wachsende Zahl an Vegetariern, Veganern oder Menschen mit Unverträglichkeiten verstärkt diesen Trend zusätzlich.
Vor allem Kantinen, Mensen, Betriebsgastronomie und Schulverpflegung geraten stärker in den Fokus. Laut BMEL soll bis 2030 in allen öffentlichen Einrichtungen eine gesunde, nachhaltige Ernährung sichergestellt werden. Die DGE-Qualitätsstandards (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) werden schrittweise verbindlich eingeführt. Für Gastronomiebetriebe ergibt sich daraus ein Handlungsbedarf und eine Chance zur Profilierung: Wer gesund kocht und transparent über Inhaltsstoffe informiert, gewinnt das Vertrauen seiner Gäste und hebt sich positiv vom Wettbewerb ab.
Gesunde Küche als Erfolgsfaktor im Gastgewerbe
Gesund essen liegt im Trend und dieser bietet Potenzial. Betriebe, die frühzeitig auf eine gesundheitsbewusste Küche setzen, verschaffen sich einen echten Marktvorteil. Dabei geht es um den Einsatz von weniger Zucker oder Salz und ein ganzheitliches Ernährungskonzept: mehr frisches Gemüse, nährstoffreiche Beilagen wie Hülsenfrüchte, hochwertige pflanzliche Öle, ein reduzierter Fleischanteil sowie schonende Zubereitungsarten wie Dämpfen oder Garen. Die steigende Nachfrage nach Bowl-Gerichten, fermentierten Lebensmitteln oder fleischlosen Menüs ist ein deutliches Zeichen.
Innovative Gastronomen setzen auf regionale Zutaten, saisonale Produkte und kreative Rezepturen, die Geschmack und Gesundheit vereinen. Auch der Trend zur personalisierten Ernährung – wie mit Fokus auf Low Carb, glutenfrei oder mediterrane Küche – gewinnt an Bedeutung. Neue Tools und Softwarelösungen helfen Betrieben, Nährwertangaben zu berechnen und transparent zu kommunizieren.
Nachhaltigkeit und Gesundheit: Zwei Seiten derselben Medaille
Der Begriff „gesund“ bezieht sich auf die individuelle Gesundheit und schließt Umwelt- und Klimaschutz mit ein. Nachhaltigkeit und gesund essen gehen Hand in Hand. Etwa wenn saisonale Produkte verwendet, Lebensmittelverschwendung vermieden oder vegane Alternativen angeboten werden. Laut BMEL könnten durch eine stärker pflanzenbasierte Ernährung Volkskrankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Adipositas reduziert und bis zu 20 Prozent der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen eingespart werden.
Gastronomiebetriebe, die diesen Weg gehen, leisten somit einen doppelten Beitrag für das Wohl ihrer Gäste und für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Mit der Verankerung von Nachhaltigkeit im Ausbildungssystem und durch Schulungsangebote für Küchenpersonal und Serviceteams wird dieses Potenzial weiter ausgeschöpft. „Green Training“-Konzepte und Zertifizierungen wie „Bio“, „Fairtrade“ oder das DGE-Zertifikat sind dabei wichtige Werkzeuge.
Herausforderungen bei der Umsetzung: Kosten, Know-how und Akzeptanz
So vielversprechend die Strategie „Deutschland isst gesünder“ auch ist, die Umsetzung in der Gastronomie bringt echte Herausforderungen mit sich. Viele Betriebe kämpfen mit steigenden Einkaufspreisen, Personalmangel und einem begrenzten Zeitbudget in der Küche. Die Umstellung auf gesündere Gerichte erfordert Know-how, Kreativität und Investitionen in Technik oder Zutaten.
Zudem muss die Akzeptanz bei den Gästen mitwachsen. Nicht jede Stammkundschaft freut sich über kleinere Salzportionen oder ein fleischloses Tagesgericht. Hier braucht es Fingerspitzengefühl, gute Kommunikation und geschmacklich überzeugende Konzepte. Schulungen, Rezeptworkshops und der Erfahrungsaustausch unter Gastronomen helfen, diesen Wandel erfolgreich zu gestalten.
Gesund essen wird zum Qualitätsmerkmal
Die Zwischenbilanz der Reduktionsstrategie zeigt: Deutschland isst gesünder. Langsam, aber messbar. Die Gastronomie ist ein entscheidender Mitgestalter dieser Entwicklung. Wer gesund und nachhaltig kocht, trägt zur Volksgesundheit bei und sichert sich die Gunst einer immer bewussteren Zielgruppe. In Zukunft wird „gesund essen“ mehr sein als ein Trend. Es wird zum Qualitätsversprechen für Betriebe, die Verantwortung übernehmen und mit Genuss überzeugen.
Für die Gastronomie ist es an der Zeit, Gesundheit als Teil der eigenen DNA zu definieren. Die Gäste erwarten heute mehr als bloße Sättigung: Sie suchen nach Genuss ohne Reue, nach Transparenz, Frische und einem gastronomischen Erlebnis, das mit ihren Werten im Einklang steht. Betriebe, die diesen Anspruch erfüllen, sind bestens gewappnet für die Zukunft und werden im Wettbewerb bestehen.
Die Initiative des BMEL liefert den politischen Rahmen und den Impuls zur Veränderung. Jetzt liegt es an den Gastronominnen und Gastronomen, diesen Impuls kreativ und wirtschaftlich sinnvoll umzusetzen. Eines ist klar: Gesund essen ist gekommen, um zu bleiben.
Das Produktmonituring des BMEL kann hier downgeloaded werden.